Architektur

Die evangelische Stadtpfarrkirche St. Marien zu Beeskow ist eine spätgotische Backsteinhallenkirche im norddeutschen Stil. Ihre imposanten Außenmaße betragen in der Länge von der Westfassade bis zum Chor im Osten 61 m, die Breite des Chores 20 m. Der in den Bau eingezogene achteckige Turm an der Westseite besitzt eine Zinnenhöhe von 47 m, die aufgesetzte Turmpyramide ist mit Kreuz und Kuppel 17,5 m hoch. Im Osten schließt der Bau mit einem halbkreisförmigen Chor in Form eines siebenseitigen Polygons ab. Ein basilikaler Anbau an der Südseite wird heute als Notkirche vor allem für Gottesdienste genutzt. Am Übergang von Langhaus zum Chor befindet sich an der Nordseite ein Anbau mit Sakristei. Über dieser liegt der Märtyrerchor.

Außergewöhnlich ist die Schlankheit der Kirche. Das Verhältnis von Breite (7 m) und Höhe (21 m) des Hauptschiffes beträgt für die Entstehungszeit ungewöhliche 1:3. Der First des Daches über dem Hauptschiff befindet sich in 38 m Höhe

Baugeschichte

Archäologische Untersuchungen (M. Hentzschel 1992, D. Schumann 1994) erbrachten Spuren von Fundamenten, die möglicherweise eine erste Fachwerkkirche trugen. Bis zur Mitte des 15. Jahrhunderts wurde eine zweite Kirche genutzt, die möglicherweise fast dieselbe Grundfläche aufwies, wie der bestehende Baukörper. Die heutige Sakristei aus dem 14. Jahrhundert wurde von diesem Bauwerk in die neue Kirche mit dem Hallenumgangschor übernommen. Die Marienkirche aus dreischiffiger Halle mit Umgangschor und einem basilikal angeschlossenen südlichen Seitenschiff entstand offenbar erst in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts.

Die neue Architektur des Chores ist stark am älteren Hallenumgangschor der Marienkirche in Frankfurt (Oder) orientiert. Trotz Anpassung an spätgotische Formen (stark gedrückte Bögen), wie sie in der Mitte des 15. Jahrhunderts vorherrschten, wurden viele Details des Frankfurter Vorbilds – Gliederung der Wände, Profile der Gewände, Friese bis hin zu kleinen Konsolköpfchen – kopiert. Der insgesamt trotz der Asymmetrie einheitlich wirkende Baukörper weist besonders im Aufriss viele unscheinbare Spuren eines diskontinuierlichen Baugeschehens auf. So sollten die Scheidearkaden der Mittelschiffe ursprünglich an wesentlich tieferer Stelle in die innere Turmwand laufen. Erst durch mehrfaches Variieren des Planes scheint die heutige Gestalt mit drei gleichhohen, überaus schlanken Schiffen und Umgangschor entstanden zu sein, die im Süden von einem deutlich niedrigeren Schiff mit deutlich ausgeprägter Obergadenwand dominiert wird. Mit der Fertigstellung der Turmspitze scheint der Bau 1511 vollendet worden zu sein. In den folgenden Jahrhunderten mussten immer wieder Folgen von Blitzeinschlägen und konstruktiven Mängeln am Anschluss des Südschiffes beseitigt werden. Das Inventar blieb bis zum April 1945 im wesentlichen unversehrt, da die Reformation in Brandenburg nicht mit einem ausgeprägten Bildersturm verbunden war. Verluste gab es jedoch sicher bei den purifizierenden Renovierungsmaßnahmen 1834-36. Der damals geprägte nüchterne Charakter des Raumes wurde bei der Restaurierung 1931/32 durch Freilegung der barocken Farbigkeit der Emporenbrüstungen und die Entdeckung der mittelalterlichen Wandmalerei – eines Kirchenväterzyklus – in der Sakristei wieder belebt. Schmerzlich ist der endgültige Verlust von Kanzel und Altar aus der Renaissance sowie der Grabmäler und einer mittelalterlichen Triumphkreuzgruppe. Der Altar bestand im Kern aus einem spätmittelalterlichen Wandelaltar mit geschnitztem Mittelschrein.

Zerstörung im April 1945

„Am 25. April 1945 [andere sprechen vom 24 April] brach in der Kirche durch Kriegseinwirkung Feuer aus. Gegen 10 Uhr vormittags brannte der Turm und stürzte ein. Dann sprang das Feuer auf den Boden über, wurde aber durch die eiserne Tür, die vom Boden zum Turm führt, aufgehalten. Als der Brand auf den Boden übergegriffen hatte, fielen zuerst die Dachziegel herunter, dann stand der Teil des Dachstuhles, der dem Turm am nächsten stand, in Flammen und stürzte ein. Darauf brannte der mittlere Teil des Daches, während der Rest im Osten sich wie das Heck eines untergehenden Schiffes hob und nach der Mitte zu einstürzte. Gegen 14:00 Uhr war die ganze Kirche ein Flammenmeer und gegen 15 Uhr stürzte der gesamte Dachstuhl in das Innere der Kirche. – Es war schaurig.“

aus dem Tagebuch eines Augenzeugen

Erste Bestandsaufnahmen ergaben, dass ca. 60 % der Gewölbe und alle Pfeiler erhalten waren. Die Gewölbe über dem Südschiff und dem Nordanbau (Sakristei und Märtyrerchor) waren unversehrt. Die Bemühungen des Beeskower Architekten Hanns Galke, den Bestand zu sichern – er hatte schon ein flaches Notdach aus Rundhölzern, Schalung und Dachpappe entworfen – scheiterten an der Zustimmung der staatlichen Organe. So stürzten am Heiligen Abend 1947 eine Stunde vor Beginn der Christvesper vier Pfeiler mit den darüber liegenden Gewölben und Arkaden und am 21. März 1950 während der Sicherungsarbeiten drei Pfeiler im Chor und die restlichen Gewölbe ein. Ein Notdach schützte einige Jahre nur noch einen kümmerlichen Rest.

Wiederaufbau

Kirchenbauten hatten in der Planwirtschaft der DDR keinen Platz. Nur dem verdienstvollen Einsatz vieler engagierter Einwohner Beeskows konnten zu DDR-Zeiten notwendige Sicherungsmaßen durchgeführt werden. In den 1950er Jahren konnte das Dach über dem Südschiff wiedererrichtet werden und somit als Notkirche eingerichtet werden. Seit 1954 erklingen durch die großzügige Spende eins Apothekers wieder drei Turmglocken.

Ab Mitte der 1970er Jahre wurden weitere Sicherungsmaßnahmen in Feierabendarbeit unter Duldung der staatlichen Organe durchgeführt. Auf teils waghalsigen Gerüsten wurden unter anderem Sicherungen an den Arkaden und den noch verbliebenen Gewölbeansätzen vorgenommen. Neben der Kirche wurden nach Feierabend auch Sicherungsmaßnahmen an der Stadtmauer durchgeführt.

Mit der Wende wandte sich auch das Blatt für Sankt Marien. Am 16.04.1991 wurden Soforthilfen von der Deutschen Stiftung Denkmalschutz beschlossen. Unverzüglich wurde mit der Sanierung der Westfassade begonnen. Im Dezember 1992 konnte der Grundstein für den Wiederaufbau der sieben eingestürzten Chorpfeiler gelegt werden. 1994 konnte das Arkadenband auf den sieben neuen Chorpfeilern geschlossen werden. Mit der Absenkung des Daches über dem Südschiff 1997 konnten die Obergadenfenster wieder geöffnet werden.

Nach Sanierung der Mauerwerkskronen konnte mit der Errichtung des Dachtragwerks begonnen werden. Bis heute gilt der Arbeitstitel „Ruine unter Dach“, weshalb bisher auch keine Rekonstruktion der Gewölbe erfolgte. Um dennoch einen ansprechenden Blick in den Dachraum zu gewähren, wurde der Wunsch nach einer gestalterisch ansprechenden Unteransicht der Dachkonstruktion formuliert. Dipl.-Ing. Klaus Betzner entwarf daraufhin eine Lösung mit abgenickten Deckenbalken und diagonal angeordneten Streben, was moderne Verbindungsmittel im Holzbau möglich machte. Als Baumaterial wurde Lärchenholz aus dem Schwarzwald gewählt. Der Dachkonstruktion liegt ein Sparrendach mit stehendem Stuhl mit einem Sparrenabstand von 1,30 m zugrunde. Das Richtfest konnte bei schönsten Sonnenschein am 23.04.1999 gefeiert werden. Erst ein Jahr später konnte im Dezember 2000 die Eindeckung vollendet werden.

Zur vollständigen Wiederherstellung der äußeren Hülle konnte im Jahr 2002 die Turmhaube wieder aufgesetzt werden. Diese besteht aus einer Holzkonstruktion mit Kupferummantelung. Auch dafür lieferte Klaus Betzner die zugrundeliegende Planung. Die Vormontage erfolgte auf dem Kirchplatz. Mittels eines Mobilkrans wurde die Haube dann am 13.04.2002 auf den Turm gehoben.

Seit dem Aufsetzen der Turmhaube sind keine großen baulichen Maßnahmen mehr an der Marienkirche vorgenommen worden. Zwischen 2009 und 2011 konnten die fehlenden Apophygenziegel (Übergang zwischen Pfeilersockel und Pfeilerschaft) im Hauptschiff im Rahmen einer großen Spendenaktion eingebaut werden. In Vorbereitung auf das 500-jährige Bestehen der Kirche im Jahr 2011 wurden Paradiespforte und Sakristei saniert.

Weiterführende Literatur

Zur Geschichte und zur Ausstattung der Marienkirche Beeskow existieren mehrere lesenswerte Veröffentlichungen. Einen Überblick erhalten sie hier.